Gemeinschaftspraxis Dres. med. Schäfer-Wegert und Pawlak - Herzlich willkommen

Von der Poststation zum Ärztehaus

Vor 100 Jahren erwarb Dr. med. Max Helwing das 1887 errichtete Postgebäude in der damaligen Kaiserstraße in Durmersheim und baute dieses zu einer Arztpraxis um.

 


Dr. med. Max Helwing

Dr. Helwing war Landarzt „der alten Schule“, der mit sehr bescheidenen Mitteln die Bevölkerung der Gemeinden Durmersheim, Au/Rhein, Elchesheim und Illingen medizinisch versorgte. Der Doktor arbeitete ohne Hilfspersonal und musste sämtliche medizinischen Fälle an Ort und Stelle alleine bewältigen. Bis heute können sich ehemalige Patienten an Mandelentfernungen ohne Narkose erinnern, die im einzigen Sprechzimmer durchgeführt wurden. Die Betroffenen sollten nach einer sehr forschen Aufforderung „Aaaaa“ sagen und bevor sie aufschreien konnten, wurden die Mandeln mit einer speziellen Zange „gekappt“. Auch Hautwunden wurden damals selbstverständlich ohne Betäubung genäht, gebrochene Knochen ohne Narkose gerichtet.

 

Überliefert wird auch folgende, aus heutiger Sicht spektakuläre Rettungsaktion von Dr. Helwing:

 

Auf dem Weg zum Angeln wurde er von einer verzweifelten Familie zu Hilfe gerufen. Ihr 7-jähriger Sohn litt an Diphtherie und drohte zu ersticken. Geistesgegenwärtig ging der Arzt in den Hof, schnappte sich eine Gans, riss ihr vier Federn aus, spitzte diese mit seinem Taschenmesser an und stach sie dem Jungen durch die Haut unterhalb der Kehle in die Luftröhre. Dadurch konnte der Junge wieder atmen und überlebte die Krankheit.

 

Nach dem Tod von Dr. Helwing 1949 wurde die Praxis von Dr. Sepp Schäfer, geboren 1915 in Buchen, übernommen. Er wurde in Heidelberg zum Arzt ausgebildet. Im Gegensatz zu seinen Vorgängern beschäftigte er erstmalig eine Sprechstundenhilfe. Seinen Patienten verblieb er als sehr feinfühliger Mensch mit einem immensen medizinischen Wissen in Erinnerung. Im Jahre 1956 verstarb er an einer damals unheilbaren Krankheit.

 

 


Dr. med. Sepp Schäfer

 


Bereits zum damaligen Zeitpunkt erlebte Deutschland die erste Ärzteschwemme. Viele Jungmediziner waren arbeitslos. Einige mussten sich zu dritt oder zu viert eine Planstelle im Krankenhaus teilen. Viele arbeiteten ohne Entgelt, damit sie überhaupt im Beruf Fuß fassen konnten. Eine freie Praxisgründung war nicht möglich. Eine Praxisübernahme konnte nur innerhalb der Familie stattfinden oder nach langer Wartezeit auf Grund der Zuteilung durch die Kassenärztliche Vereinigung erfolgen.

 

In dieser Situation hat Dr. Schäfer seinen Neffen, den frisch gebackenen praktischen Arzt Dr. med. Paul Wegert adoptiert. Unter dem Doppelnamen Schäfer-Wegert übernahm der Neffe die Praxis im Jahr 1957 als Allgemeinarzt und Geburtshelfer.


Dr. med. Paul Schäfer-Wegert

Zu dieser Zeit fanden die meisten Geburten noch unter häuslichen Bedingungen statt, denn vor 1962 haben die Krankenkassen die Kosten einer Krankenhausgeburt nur im Falle von Komplikationen übernommen.

 

Es war üblich gewesen, dass die Hebamme bei einsetzenden Wehen den werdenden Vater als Bote mit dem Fahrrad zur Praxis schickte, um den Arzt zu alarmieren. Die Versorgung der Dörfer mit Telefonen ersparte später vielen werdenden Vätern einen ordentlichen Muskelkater in den Beinen.

 

Der technische Fortschritt hielt Einzug in Form eines EKG-Geräts und eines Ultraschallgeräts. Eine neu gegründete Laborgemeinschaft der Ärzteschaft Rastatt und Baden-Baden übernahm die Durchführung von Blutuntersuchungen.
Eine elektrische Leuchttafel im Wartezimmer der Praxis förderte das Gesellschaftsleben im Dorf auf bemerkenswerte Art.

 

Zu Beginn der Sprechstunde wurden an die Patienten im Wartezimmer Nummern verteilt. Diese wurden der Reihe nach auf der Leuchttafel angezeigt und jeder wusste, wann er an der Reihe war. Durch das Fenster konnte man die Leuchttafel vom Stammtisch des benachbarten Gasthofes „Hirsch“ gut beobachten. Viele gesellige Patienten nutzten diesen günstigen Umstand, indem sie sich die Wartezeit in der netten Atmosphäre im „Hirsch“ verkürzten, ohne ihren Platz in der Warteschlange zu verlieren.

 

Im Zuge der technischen Entwicklung wurde die Praxis um weitere zwei Räume erweitert. Das Gebäude selbst wurde in den Jahren 1959, 1961 und 1967 jeweils aufwändig renoviert.
Die Arbeitsbelastung war enorm. Nur an Wochenenden gab es einen geregelten Notdienst unter den benachbarten Ärzten. Ansonsten musste „der Doktor“ Tag und Nacht für die Patienten erreichbar sein. Ein Rettungsdienst existierte nicht. Die Arbeit wurde häufig durch Notfälle aller Art unterbrochen und nachts wurde Beistand bei Entbindungen geleistet. Für etwas Schlaf blieb kaum Zeit übrig. Aus diesem Grund begann die morgendliche Sprechstunde erst um 9 Uhr, was manche Zeitgenossen irrtümlich als Bequemlichkeit ihres Arztes missdeuteten.

 

Nach der Pensionierung von Dr. med. Paul Schäfer-Wegert wurde die Praxis 1994 von seiner Tochter Dr. med. Barbara Schäfer-Wegert und seinem Schwiegersohn Dr. med. Richard Pawlak übernommen. Dies wurde zum Anlass genommen, die Praxis erneut umzubauen und zu erweitern. Das Wartezimmer wurde von der durmersheimer Malerin Simone Vögele künstlerisch ausgestaltet, was vor zwei Jahren für einigen Gesprächsstoff in der Gegend sorgte. Inzwischen sind die Räumlichkeiten der Praxis auf sieben Behandlungsräume angewachsen. Drei Arzthelferinnen und eine Auszubildende sorgen für den reibungslosen Ablauf der Behandlungen und für die notwendige Dokumentation. Bis zu 120 Patienten besuchen jeden Tag die Praxis, die sich auf dem Weg zur Qualitätszertifizierung nach ISO-Norm befindet. Das Behandlungsspektrum umfasst alle Altersklassen und reicht von A wie Allergie bis Z wie Zuckerkrankheit.

 

In Zusammenarbeit mit der Universität Heidelberg werden in der Praxis junge Medizinstudenten im Fach Allgemeinmedizin unterrichtet.
Im Rahmen eines Qualitätszirkels der Ärzteschaft Hardt wird die stetige Vertiefung unseres medizinischen Wissens sichergestellt.